Samstag, 30. Januar 2010

Komm mit, heut fahren wir nach...

Schon seit einiger Zeit dachte ich mir bei jeder Fahrt mit der S-Bahn und dem Blick auf den Netzplan der Strecken in und rund um Wien sowie dessen Umgebung durch Niederösterreich bis zur Landesgrenze, wie amüsant doch viele der Stationennamen sind – vor allem für Nichtösterreicher, die einen objektiven und dadurch jungfräulicheren Blick auf die Titulierungen von Örtchen und Dörfchen und deren mittlerweile zusammengewachsenen Nachbarschaften haben, und dass es das doch mal Wert wäre, ein paar relativ teure ÖBB-Tickets zu lösen und die Gegend abzufahren – nicht mit dem ICE natürlich, sondern schön mit der Pimperlbahn, die alle paar Minuten in einem lustig benamsten Kaff stehen bleibt.
Zur Information über die jeweiligen Ortschaften und Städtchen raffe ich mich allerdings nicht hin, denn googeln kann man diese sicherlich alle bei Interesse; außer natürlich es fällt mir jetzt etwas unbedingt dazu ein, falls ich persönliche Erinnerungen hätte oder sich mir spontan eine Assoziation oder ein Stichwort dazu aufdrängt.

Der Netzplan zur Illustration findet sich übrigens hier.

Lassen wir uns nun durchs östliche Landschaftsstück Österreichs kutschieren.

Heute, auf unserer ersten Fahrt, geht es zum Einstieg unseres Reiselebens mit der S40 kurz und rasch nach:

... Tulln.

Zug fährt ab!

Vom Franz-Josefs-Bahnhof, dem derzeit wohl einzigen Bahnhof Wiens der sich nicht in Umbau befindet, geht es flott in Richtung Spittelau, wo sich die semiberühmte Müllverbrennungsanlage befindet, die ihre dreckigen Machenschaften unter einer künstlerisch designten Hülle verbirgt.

Quasi den Rand von Wien markiert Heiligenstadt, wo auch die U-Bahn-Linie U4 sowie eine Handvoll Autobusse ihre Endstationen haben und von wo aus man beispielsweise mit der Autobuslinie 239 nach Maria Gugging über Kierling brummen kann bzw. könnte. In Heiligenstadt findet man auch den riesigen Karl-Marx-Hof, ein großer Bau der Gemeinde Wien, der architektonisch einiges hergibt und historisch unbedingt googelnswert ist.

Nußdorf liegt somit schon außerhalb der Stadtgrenze und trotzt mit seinem Scharfen S weiterhin der Rechtschreibreform, denn wo kämen wir denn da hin wenn wir nun sämtliche Ortstafeln und Dokumente ändern müssten.

Weiter geht es nach Klosterneuburg-Weidling, und hier begegnen wir schon dem ersten Ortsnamenszwilling, was darauf hindeutet, dass aus der Verhüttelung vor Jahrzehnten und der Stadtflucht der letzten Jahre kleinere Orte angewachsen und mehr oder weniger mit ihren größeren Nachbarn verschmolzen sind. Siehe auch die nächste Station, Klosterneuburg-Kierling.

Dass es nun schon in ländlichere Gefilde geht, erkennt man am Ortsnamen Unter Kritzendorf. Da die nachfolgende Station einfach nur Kritzendorf heißt, kann man schwer damit rechnen, dass Ober Kritzendorf nicht weit sein müsste (was aber nicht garantiert ist, denn oft gibt es Unter-Soundsos, die keinen großen Bruder aufzuweisen haben), aber sich keiner eigenen Haltestelle erfreuen kann.

Zu Höflein (a. d. Donau) fällt mir ein, dass es auch ein Klein-Höflein gibt, das sich allerdings höchstwahrscheinlich in einer anderen Gegend befindet.

Eine Empfehlung Wert ist Greifenstein-Altenberg, denn in Greifenstein befindet sich die Burg selben Namens, in der ein Felsbrocken steht, der der Burg ihren Namen gegeben hat. In diesem Stein findet man eine Mulde in der Größe einer Faust, in die man, richtig deduziert, hineingreifen kann. Den gesamten Hintergrund der Sage kann man sicherlich googeln, falls Interesse besteht. Und Peter Altenberg kann man ebenso empfehlen, an die die ihn noch genau so wenig kennen wie die eben erwähnte Burg.

Immer schon so geheißen hat St. Andrä-Wördern, zumindest seit ich ein Kind bin.

Dann geht es weiter nach Zeiselmauer-Königstetten, und das ist für mich eine neue Namenskombination, denn als ich in meiner Kindheit öfter mit den Eltern nach Königstetten fuhr um die uralte Urgroßtante Mitzi (was für ein klassischer Name!) meines Vaters aufzusuchen, war Zeiselmauer wohl noch ganz für sich und mir nicht wirklich ein Begriff. Und was ist ein/e Zeisel? Na, wer weiß es? Ich nicht, setzen, fünf.

Und jetzt wird es amüsant! Mit Muckendorf-Wipfing haben wir hier einen Vertreter der Ortsliste, die mich zu der virtuellen Reise inspiriert hat. Vor allem: Wie sprechen die Einwohner den Ortsnamen in ihrer Mundart aus? Und gibt es (vor allem unter Jugendlichen) Abkürzungen, die ein wenig hipper klingen? Wohnt man dann in Mu-Wi zum Beispiel? Man müsste glatt einmal dort aussteigen und einen einheimischen Muckendorfer/Wipfinger fragen, wohin er fährt wenn er nach Hause fährt, aber bitte nicht einfach nur "haam", ja?

Höchstwahrscheinlich mehr Wunsch als Fakt bedingt die Namensgebung von Langenlebarn – außer ich liege mit meiner Vermutung und Interpretation vollkommen falsch und der Hintergrund ist einer mit vollkommen anderer Bedeutung.

Nun sind wir schon in Tulln angekommen – ein Städtchen das größer zu sein scheint als es ist, denn in Österreich sind die Bundeshauptstädte nicht gerade riesig, und Tulln ist nicht einmal die Haupstadt von Niederösterreich, auch wenn es vielleicht einmal zur Auswahl gestanden hat.
Und damit man weiß wo man ist, hier eine kleine Info: Man schreibt zwar "Tulln", aber wenn man danach geht dass die Ortsansässigen bei der Aussprache die Experten sind, so sage man auch bitte "Tujjn".

Endstation, bitte alle aussteigen, der Zug endet hier; wir hoffen Sie hatten eine angenehme Fahrt. Das nächste Mal nehmen wir uns dann schon eine etwas längere Strecke vor, so reiseerfahren wie wir dann ja schon sind.

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