Sonntag, 18. März 2012

Lightning McQueen, perverses Metakonsummaskottchen.

Ich krieg alles – auch das was ich (noch) gar nicht will.

Ja, das stimmt. Ich bekomme alles was ich will. Und wenn ich es nicht bekomme, muss ich nur ein bisschen (oder mehr) meckern und jammern, und dann bekomme ich es doch. Denn ich bin ein verwöhntes Gör, und ich bin mir dessen mehr denn je bewusst.
Alle erwarten ("heutzutage") doch, dass ihnen alles in den Schoß gelegt und nachgetragen wird – gratis am Besten natürlich. Alle wollen alles haben, und das bitte geschenkt. Man ist überzeugt, man habe Anspruch auf (hauptsächlich meine ich materielle) Unterstützung von allerlei Seiten. Weil wir allesamt verwöhnte Gören sind.
Und ich weiß auch wie es dazu gekommen ist.

Auf einem für Kinder erdachten Fernsehsender lange Minuten Fernsehwerbung aufmerksam gesehen: Was alles erdacht und produziert wird. Die unmöglichsten, unnötigsten, scheußlichsten Dinge, die man eigentlich gar nicht haben und gebrauchen wollen kann. Tonnenweise Gegenstände in tausenden Variationen aus Material die sich ewig nicht zersetzen werden, aber in kürzester Zeit zu Bruch gehen. Wegwerfartikel die nicht verrotten. Ein perverses Paradox.
Und das Allerperverseste: Der Metahype: Unmengen von Dingen rund um für Kinder erdachte "lebendige" Autos. Der Hype um den Hype. Lightning McQueen als das Symbol für verzweifelt anmutendes Ringen um das Schnellerkurbeln der Konsumindustriespirale. Unnötiges Merchandising rund um unnötige Produkte.

Wollen wir zurückgehen und sehen, wie und wann es dazu gekommen ist, wann der Produktionswahnsinn die "Zielgruppe Kind" entdeckt hat.
Wann hat es angefangen, dass die Industrie den genialen Einfall hatte, der Stillstand wäre wieder in Aufschwung umzuwandeln, indem man Dinge herstellt, die es bis dahin nicht gab (weil sie höchstwahrscheinlich gar nicht gebraucht wurden), für Leute die in ihrer Gewissensliste den Punkt "meinen Kindern alles gegeben" abhaken können wollen.
Hat man jetzt auch weniger Kinder, weil man diesen wenigen mehr aufhäufen zu wollen müssen denkt? Hat man vor hundert Jahren in "Krisenzeiten" mehrere Kinder "durchbringen" können, in vergleichsweise finanziell "schlechter" ausgestatteten Zeiten?

Wann fing es an, dass nicht nur Gegenstände, sondern auch vorgefertigte Nahrungsmittel eigens für Kinder erdacht und produziert wurden?
Gab es in den 1970ern eigens designte Kindermöbel? (Ich hatte keine?) Waren diese, wie auch die Kinderkleidung, nicht einfach nur kleiner hergestellte Variationen der Produkte für Erwachsene? War Essen nicht einfach nur Essen, das jeder in der Gesellschaft zu sich nimmt? Wie geisteskrank ist die Nahrungsmittelindustrie, wenn sie in ihrer Marketingverzweiflung der Meinung ist, Verluste ließen sich nur durch die Verbreitung von eigenen "Kinderäpfeln" und "Kinderwurst" abwenden?

Ich denke, mit den fetten Achtzigern fing es an. Alles war schon da, alles gab es schon. Aber wir wollten immer alles haben, und immer mehr anhäufen. Die erwachsen werdende Generation war nicht mehr die (Nach)Kriegsgeneration. Die erwachsen werdende Generation war, unbedroht, gelangweilt und/weil überfüttert; stürzte sich ins große Bigger/Better/Faster/More. Spannend: Zu diesem Zeitpunkt sprossen die Werbeagenturen wie verrückt. Weil man die Leute ja gehirnwaschen muss. Sonst wäre die Wahnsinnsidee nicht aufgegangen. Und jene, die, ohne Großartiges und wirklich Wichtiges geleistet zu haben, berühmt und verwöhnt sein wollen, werden als Testimonials eingebaut. Und die Schraube dreht sich noch ein bisschen schneller.

Und mich beschleicht von Zeit zu Zeit der Gedanke, ob meine Konsumverweigerung vielleicht die Wirtschaft ankratzen könnte? Ich denke, das wäre vielleicht gar nicht so schlecht. Das ist ja mitunter auch mein Wunsch: dass dieser immer mehr und immer schneller und enger hochschraubende Produktionswirbel irgendwie und irgendwann implodiert. Irgendwann und irgendwo muss das Limit erreicht sein, wo wirklich gar nichts mehr geht und alles zusammenkracht. Soll es doch! Wir brauchen es doch gar nicht! 
Können wir es schaffen? Yo, wir schaffen das!!!


Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.
– Bertolt Brecht 

Sonntag, 11. März 2012

Die Werbung Lügen strafen...

... tut das Kind hier mit einer genetischen Leidenschaft.

Dass man uns nicht einreden kann was wir zu haben und zu kaufen wollen, steht bereits eisern fest.
Vorgeführte, abgebildete und vorgesagte Zaubereien werden streng angezweifelt und wissenschaftlich hinterfragt bzw. widerlegt (Stichwort: Zauberputzmittel).
Konkurrenzüberbietungen strömen der Logik nach ihre angeberische Verlogenheit aus.

Nun kamen mir neulich die jetzt auch in unseren Breiten vertriebenen fast schwarzen, runden Kekslein mit weißer Füllschicht ins Haus.
Das Kind wollte die Probe aufs Exempel, und es damit dem Mädchen aus der Fernsehwerbung gleichmachen.

Und das ging so.

Ich ZEIG dir jetzt mal, wie man einen OOOreo Keks isst.
Zuerst drehst du ihn aaaaaaau––
>und krack!<
– Der Keks ist in Stücke zerbrochen.
Großes Staunen allerseits.
- Warum geht das bei mir nicht, wenn das vierjährige Mädchen können?
- Vielleicht sind da dutzende Kekse in Stücke gegangen, die die Filmcrew verputzen musste.
Oder aber, und das ist noch viel wahrscheinlicher: Der Keks war präpariert. Getürkt. Vorbereitet.
Also nicht das, was einem dann tatsächlich verkauft wird. Extra was Anderes für den Film hergerichtet.

Der Mann des Hauses meinte, Ach er hat schon viele solche gegessen, das ginge doch. Schau:
>krack!<
Von wegen.
Also wird in der Werbung nicht gezeigt, was man tatsächlich bekommt.

Hat schon mal jemand Werbefotografien bearbeitet? Von Personen bis zu "Food": alles geschummelt, eh schon wissen. Da kann nicht mal nur "die Farbe auf Grund des Drucks abweichen", wie manchmal ganz klein wo vermerkt zu lesen steht. Vieles von dem "Food" ist mit Absicht ja nicht einmal genießbar. Und meine Ansichten und Überzeugungen haben sich während meiner über 10 Jahre in der Wahnsinnsbranche mehr als bestätigt.

Also Vorsicht: Achten Sie auf die Marke. Denn Werbung wirkt.

Donnerstag, 8. März 2012

Warum eigentlich?, II

Gestern las das Kind eine Schlagzeile in der Arbeiterkammer-Zeitschrift mit:
Dass Frauen bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit immer noch weniger als Männer  verdienen.

Aber das ist doch unfair!!!, empörte sich das Kind. Ja, das ist es wohl. Schon seit langer Zeit.
Aber warum ist das so!, fragte er. Ja, das ist die Frage. Warum ist das – noch immer und immer noch – so.
Aber das ist unfair!!!, wiederholte er.

Wenn das einem Kind auf den ersten Blick und beim ersten Gedanken auffällt, warum soll man weiter wegschauen und nicht ernsthaft darüber nachdenken?

Ich schreibe gar nicht viel weiter, sondern verlinke lieber zu einer großartigen Frau:
http://cat-und-kascha-rote-tupfen.blogspot.com/2012/03/brot-und-rosen.html